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brn-logo Bunte Republik das ganze Jahr über


Dritter Freitag im Juni, die Bunte Republik wird ausgerufen. Die Szenen auf der Görlitzer Straße sind typisch. Im Cup&Cino wartet man noch auf den DJ, im neuen Gemüseladen nebenan wird einfach die Musikanlage aufgedreht. Auftritt Republik Neustatt e.V.: Gemeinsam wird eine Lösung gesucht, eine Stunde spielen die einen, eine Stunde die anderen. Auf dem Fußweg reihen Anwohner Salatschüsseln auf einen Tapetentisch. Auftritt Republik Neustatt e.V., die Zweite: „Eine löbliche Initiative“, findet Nils Halletz, der Vorsitzende. Er muss sie dennoch verjagen. Für besagte Stelle sind der vereinseigene T-Shirt-Verkauf – eine der wenigen Einnahmequellen – und andere private oder gemeinnützige Stände vorgesehen. Aber die Salate landen nicht im Abfall, der Verein räumt weiter oben auf der Görlitzer Straße ein Plätzchen für die Anwohner frei.

„Wir sind kein Gesamtveranstalter“, betont Vorstandsmitglied Emil Penther. So einen gibt es nicht mehr. Jeder kann beim Ordnungsamt ein Stück Straße für sich ergattern, Salär: 40 Euro. Auch für die kommerziellen Betreiber. Damit diese nicht überall den besonderen Charakter des Stadtteilfests mit Bierwagen und Techno- und Schlagerbeschallung zerstören, meldet der Verein die gesamte „Görli“ (Görlitzer) an. „Wir nehmen den Leuten das Bürokratische ab“, erklärt Halletz.

Früher hat er das privat gemacht, das war der Anfang. An dem 38-Jährigen bleibt noch heute das Gros der Vereinsarbeit hängen. Der Altersdurchschnitt des Vereins entspricht genau dem der Neustädter: 34 Jahre. Da stehen Schwangerschaften an und Jobangebote im Ausland – die Aktiven dezimieren sich derzeit. So ist Halletz froh über die Helfer, die zwar den Monatsbeitrag nicht bestreiten wollen oder können, aber viele Kleinigkeiten bei der Veranstaltungsorganisation mit abarbeiten. Immerhin fünf Festivitäten, ohne die BRN, sind es in nur gut anderthalb Jahren Vereinsgeschichte geworden.
Musik und Kneipensport


Zur Halbzeit zwischen zwei Bunten Republiken, am dritten Dezember-Wochenende, kracht es in der Chemiefabrik zwei Tage lang beim BRN-Bandkontest. Eine Sommer- und eine Winterspartakiade richtet der Verein aus. Bei Billard, Dart, Kicker, Tischtennis und Quiz wollen Kugel, Scheibe, Tor, Schläger und richtige Antwort gut getroffen sein. Ebenfalls zweimal im Jahr rennen beim Alaunpokal Fußball-Laien in Mann- und Frauschaften um ihre letzte Puste. Pro Person fällt weniger als ein Euro Startgeld an, und das auch nur, damit Kreidemaschine, Eckmarkierungen und Ähnliches gemietet werden können. „Unsere Angebote sind für jeden erschwinglich“, sagt Halletz.
Das ist immer noch wichtig, obwohl die Neustadt in den letzten 15 Jahren einen deftigen Strukturwandel inklusive Mieterhöhungen erlebt hat. „Die Menschen, die schon vor 1990 hier wohnten und die, die neu hinzuziehen, haben ein gänzlich anderes Gefühl für das Viertel. Bei Sport, Spaß und Musik finden sie am ehesten Gemeinsamkeiten“, sagt Halletz.
So ist es nicht die ganze Neustadt am BRN-Wochenende, um die sich der Verein kümmert. Es ist die Neustadt im ganzen Jahr. Dabei zählt immer der BRN-Gedanke: sich in nachbarschaftlicher Toleranz ohne viel Kommerz vergnügen. Am besten auf den Punkt gebracht haben die Lokalpatrioten ihr Ansinnen mit einem der T-Shirts, die sie alljährlich zur BRN entwerfen: 2004 zierte es die Aufschrift „Gegen Prolltouristen“. Eine der vier Figuren im symbolisierten Halteverbot setzte zum Flaschenwurf an. Aber Glasflaschen sind ja dank des Vereins zur BRN nicht mehr erlaubt.



Quelle Sächsische Zeitung - Kristin Anacker